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Ein Weihnachtsgeschäft fürs ganze Jahr

Der deutschstämmige Wally Bronner* sorgt in Michigan dafür, dass Santa durchgehend Saison hat

von Cornelia Schaible

Manche sprechen vom Bayerischen Disneyland, und gerade deutsche Touristen schütteln über Frankenmuth meistens den Kopf. Ob es einem dort gefällt oder nicht – das ganz im alpenländischen Stil gehaltene Städtchen ist im Einwandererland USA durchaus eine Besonderheit und kann mit vielen Kuriositäten aufwarten: etwa einem Riesen-Shop für Weihnachtsartikel, der ganzjährig geöffnet ist.

Firmengründer Wallace Bronner, Sein Briefpapier ist ganz in Rot und Grün gehalten, und die Geschäftsanschrift lautet 25 Christmas Lane. Kein Wunder, dass ihm auch ein Merry Christmas zu jeder Jahreszeit locker über die Lippen kommt: Ich möchte der erste sein, der ihnen allen ,Fröhliche Weihnachten? wünscht!, sagte Wallace Bronner bei einer Feier im Historischen Museum in Detroit. Draußen war es spätsommerlich warm, und der Anlass war ein Empfang zum Tag der Deutschen Einheit, bei dem der Unternehmer vom deutschen Honorarkonsul Fred Hoffman mit dem Golden Angel Award ausgezeichnet wurde. Aber für den 80-jährigen Gründer und Seniorchef von Bronner’s Christmas Wonderland in Frankenmuth im Bundesstaat Michigan ist eben ganzjährig Weihnachten.

Der Honorarkonsul dankte Bronner für sein Engagement für die deutsche Gemeinschaft und bezeichnete ihn als einen der führenden Botschafter des Staates. Der deutschstämmige Geschäftsmann, den Freunde und Mitarbeiter nur Wally nennen, importiert aus seinem Heimatland nicht nur Waren für den laut Werbung größten Weihnachtsartikel-Shop der Welt – er reist sehr oft dorthin. Ich war über 100 Mal in Deutschland, bestätigte Bronner, und zwar in lupenreinem Deutsch, allenfalls mit leicht fränkischem Akzent. Als sich die Journalistin über diese in den USA nicht alltägliche Zweisprachigkeit wunderte, setzte er noch eins drauf: Ich kann auf Deutsch lesen, schreiben, singen und beten! Und er beherrsche die Sütterlinschrift, was er auf dem Notizblock der Berichterstatterin sogleich vorführte. Das haben wir in der Grundschule in Frankenmuth gelernt.

Frankenmuth wurde 1845 von evangelischen Einwanderern aus Mittelfranken im heutigen Bayern gegründet; die ersten Siedler kamen aus Neuendettelsau und Rosstal. Ursprünglich handelte es sich um eine Missionskolonie: Die Deutsch-Lutheraner wollten die indianischen Ureinwohner zum christlichen Glauben bekehren. Aber als die fränkischen Kolonisten schließlich im Saginaw-Tal ankamen, so berichtet die Überlieferung, waren die meisten Indianer vom Stamm der Chippewa längst weitergezogen – auf der Suche nach besseren Jagdgründen abseits der Rodungsgebiete der deutschen Siedler. Die Immigrantengemeinde wuchs und gedieh trotzdem. In der nächsten großen Kolonistengruppe befanden sich zwei Brüder mit Namen Hubinger, von denen einer zu Bronners Vorfahren mütterlicherseits zählt. Frankenmuth zog auch später deutsche Immigranten an: Bronners Urgroßvater väterlicherseits stammte aus Pfaffenhofen bei Heilbronn.

Frankenmuth, Silent Night Memorial ChurchDas Interesse an Sprache und Kultur der Vorfahren blieb in Frankenmuth stets erhalten – noch heute sprechen 25 Prozent der Einwohner Deutsch, schätzt Wally Bronner. Auch der Bürgermeister spricht schönstes Fränkisch, wie sich zeigte: Mayor Gary Rupprecht war ebenfalls beim Empfang im Detroit Historical Museum, zu dem neben dem deutschen Honorarkonsul auch die deutsch-amerikanische Handelskammer in Michigan und das German American Cultural Center (GACC) eingeladen hatten. Rupprecht war gerade aus der deutschen Sister City zurück. Die Städtepartnerschaft mit dem fränkischen Gunzenhausen, die seit 1962 besteht, hält das deutsche Erbe in Frankenmuth ebenfalls lebendig.

Zu Michigan’s Little Bavaria wurde das Städtchen 90 Meilen nördlich von Detroit aber erst in der jüngeren Vergangenheit, berichtete Rupprecht: Als in den 70er-Jahren die Interstate 75 gebaut wurde und der Expressway nicht mehr direkt durch Frankenmuth führte, fürchteten die Gastwirte im Ort Umsatzeinbußen. Deshalb dekorierten sie die Gebäude im bayerischen Stil; heute existieren sogar entsprechende Bauvorschriften. Die Replik der Stille-Nacht-Kapelle von Oberndorf bei Salzburg, die Wally Bronner 1992 errichten ließ, fügt sich da gut ein. Stille Nacht, Heilige Nacht erklingt dort sogar zur Sommerszeit. Aber nur an Heiligabend trägt Bronner, auf dessen Businesscard unter dem Namen die Bezeichnung Originator steht, das alte Weihnachtslied persönlich vor.

An 361 Tagen im Jahr hat Bronner’s Christmas Wonderland geöffnet. Geschlossen ist nur an Ostern, zu Thanksgiving, an Neujahr – und an Weihnachten, also am 25. Dezember.

*Nachtrag: Am 1. April 2008 ist Wally Bronner leider verstorben.
Das Geschäft wird von seiner Familie weitergeführt:
Bronner's Christmas Wonderland


2007-10-15 Cornelia Schaible, Wirtschaftswetter
Text + Fotos: ©Cornelia Schaible Infos zu Datenschutz + Cookies

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